Der Dezember ist da, das Weihnachtsfest gerade vorbei, für mich die Zeit zur Rückschau. Das Innehalten im Dezember ist inzwischen ein liebgewordenes Ritual für mich. Ich sitze hier bei einer Tasse Tee und frage mich, was war das für ein Jahr? Was hat mir gefallen, was nicht, worauf hätte ich verzichten können und wofür bin ich dankbar? Dies sind nur ein paar Fragen und doch bewirken sie so viel in mir.
2023 war durchwachsen, es war geprägt von Freude, Herausforderungen, Unruhe, Angst und Trauer.
In diesem Jahr habe ich zwei mir nahestehende Menschen verloren. Einer davon meine liebste Oberärztin Dagmar Kölbel. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht an Dagmar denke. Sie war mir Mentorin, Freundin, Wegbegleiterin und so viel mehr. Ich bin dankbar, dass wir so viele schöne Geburten miteinander begleitet haben.
Die politischen Situationen weltweit und im eigenen Land beschäftigen mich sehr. Oft fühle ich mich machtlos.
Bis in den September hinein war das Jahr sehr gefüllt. Ich hatte wieder das große Glück, viele nette Paare zu begleiten. Zusätzlich war ich regelmäßig mit meiner Ausbildung zur Yogalehrerin beschäftigt. Diese fand im Dezember einen würdigen und sehr berührenden Abschluss. Ich bin so stolz und dankbar, dass ich diesen Weg gehe. Die ersten Yogakurse, vor und nach der Geburt, laufen. Das freut mich riesig. Im neuen Jahr möchte ich mein Yogaspektrum erweitern. Es wird verschiedene Workshops geben, Ihr dürft gespannt sein.
Laut meiner Statistik habe ich auch in diesem Jahr über 130 Frauen getroffen und begleitet. Mit 46 Familien bin ich von der Schwangerschaft bis zur Beikost gemeinsam gegangen.
Des Weiteren wurde massiert, gelasert, Hilfe geleistet bei Beschwerden in der Schwangerschaft, es wurde zu den Themen Stillen, Schlafen und / oder Beikost beraten. Ich bin wahnsinnig dankbar für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Das ist das Tolle an meinem Beruf: Ich lerne immer wieder neue Menschen kennen. Die unterschiedlichen Bedürfnisse machen die Arbeit so spannend und auch besonders.
Auch in diesem Jahr, möchte ich einige meiner zu betreuenden Kinder, oder deren Eltern besonders erwähnen, da sie mich über die Maßen berührt haben:
Emma Pauline, deine Mama kontaktierte mich zwei Wochen vor dem errechneten Termin. Sie war auf der Suche nach einer Hebamme und ich konnte helfen. Sie hatte alles sehr gut vorbereitet (dein Papa hatte Urlaub, es gab eine Mütterpflegerin), denn sie wollte diesmal bewusst ein entspanntes Wochenbett erleben. Bei deiner Schwester war damals alles sehr anstrengend. Doch dann passierte das Leben: Dein Papa hatte einen Kreuzbandriss und musste an Gehhilfen laufen (war also nur bedingt einsatzbereit) und es kam im Laufe des Wochenbettes noch ein Magen – Darm – Infekt hinzu. Zusätzlich wurde die Mütterpflegerin krank. Also alles ganz anders als geplant. Deine Mama lehrte mich Annahme und Zuversicht.
Benett, du hast deine Eltern ordentlich überrascht, und bist fünf Wochen vor deinem errechneten Termin hier gelandet. Von deinen Eltern lernte ich Flexibilität und Spontanität.
James, die letzten Wochen im Bauch deiner Mama waren von Sorgen geprägt. Es wurde gesagt du bist zu klein. Am Ende hast du die ausgesprochene Einladung angenommen und bist drei Wochen vor deinem errechneten Termin zur Welt gekommen. Deine Eltern und auch ich finden, du bist genau richtig so wie du bist. Von deinen Eltern konnte ich Belastbarkeit und Proaktivität lernen.
Resa du wunderbares Mädchen, dein Start im Bauch war geprägt von Kummer und Sorgen. Du warst so gewünscht und am Anfang wart ihr zu zweit. Dein Bruder hat dich nach einem kleinen Stück gemeinsamen Weges verlassen. Das führte zu vielen Kontrolluntersuchungen. Genau an deinem errechneten Termin bist du flott hier gelandet. Du hast dich ganz wunderbar in eurer Familie eingefunden. Bei jedem Hausbesuch haben deine Schwestern ganz zauberhaft beobachtet, was genau ich da so mache. Deine Eltern beeindruckten mich mit Resilienz und Hingabe. Ich fühle mich so geehrt, dass ich euch nun zum dritten Mal begleiten durfte. Ihr seid für immer in meinem Herzen und ich freue mich über kleine Updates von euch!
Maya, dich möchte ich ebenfalls erwähnen. Deine Mama brauchte viel Sicherheit und hatte viele Fragen. Dann warst du der Meinung, es ist auch kopfüber im Bauch. Das stellte deine Mama vor neue Herausforderungen. Auf den Versuch einer Wendung hast du dich nicht eingelassen. Das war ein großer Prozess für deine Mama. Sie hat alle Kräfte mobilisiert und ist über sich hinausgewachsen. So bist du spontan als Beckenendlagenbaby geboren und deine Mama darf super stolz auf sich sein. Sie lehrte mich Durchsetzungsfähigkeit und Mut.
Finn, du bekommst hier einen Ehrenplatz. Du bist mein erstes Hebammenenkelkind. So durfte ich deine Großeltern bei drei Kindern begleiten und meine Freude war riesig, als sich deine Mama bei mir gemeldet hat. Von deinen Eltern lernte ich Gelassenheit und Frohsinn.
Isaac, du bist das Baby, was mich (und vor allem deine Eltern) in 2023 am meisten beschäftigt hat. Schon im Bauch war es sehr turbulent um dich herum. Es gab unzählig viele Untersuchungen und lange Krankenhausaufenthalte. Dann folgten in den Raum gestellte Diagnosen, die sich zum Glück nicht bewahrheitet haben. Allerdings war das für deine Mama eine anstrengende Schwangerschaft, da zuhause auch deine Schwestern auf die Mama gewartet haben. Am Ende hast du die Welt durch das andere Tor betreten, damit musste sich deine Mama lange auseinandersetzen und in die Annahme kommen. Hier gelandet sind wir bis heute, also fünf Monate später, noch immer mit verschiedenen Themen beschäftigt. Ein richtiges Wochenbett gab es für deine Mama leider nicht- sie musste schnell wieder „funktionieren“. Im Januar wandert ihr zurück in die Heimat deiner Mama und ich bin überzeugt davon, dann wird sich alles beruhigen, wenn ihr gut angekommen seid. Auch ihr seid mir sehr ans Herz gewachsen. Seit 2019 darf ich deine Eltern im Elternsein begleiten. Ich lernte von ihnen Geduld und Kreativität.
Elio, was habe ich mich gefreut, erneut von deiner Mama zu hören. Auch schon bei deiner Schwester in 2019, durfte ich deine Eltern begleiten. Seitdem waren wir immer wieder mal im Kontakt. Deine Mama, stets gut vorbereitet, hatte bei Geburtsbeginn für deine Schwester einen fein durchdachten Versorgungsplan. Bis auf eine ganz kleine Lücke, war alles bestens geregelt. Es kam wie es kommen musste, genau in dieser Lücke hast du dich auf die Reise begeben. Es wurden kurz alle Möglichkeiten besprochen und eine Lösung gefunden. So war deine Schwester gut versorgt, dein Papa auf dem Weg zu dir und deiner Mama und du konntest fein hier ankommen.
Viele der zu betreuenden Familien begleite ich nun schon über mehrere Jahre. Auch wenn ihr nicht alle einzeln genannt wurdet, so fühle ich mich euch allen sehr verbunden und bin dankbar für euer Vertrauen zu mir.
2023 war aufregend, schön, spannend, herausfordernd, traurig und intensiv. Es darf nun gehen und Platz für Neues machen.
Ich bedanke mich von Herzen bei all meinen Eltern. Danke für Euer Vertrauen und Eure Warmherzigkeit, für gemeinsames Lachen und manchmal auch Weinen.
Danke für viele neue tolle Menschen die meinen Weg gekreuzt haben. Viele davon haben mich sehr inspiriert.
Ich danke meiner Familie und meinen Freunden die immer für mich da sind und stets ein offenes Ohr für mich haben.
Ich liebe die gemeinsame Zeit mit meinem Enkelkind. Oskar, du großartiger Junge. Ab und an wünsche ich mir etwas von deiner Energie. Du erfreust mich mit deinem Interesse an allem was dir begegnet. Ich weiß nicht, wie viele Warum-Fragen ich in diesem Jahr beantworten durfte? Du machst so viel Spaß, egal ob wir gemeinsam plaudern, oder im herabschauenden Hund die Welt andersrum betrachten. Ein tiefes Danke dafür!
2024 du darfst kommen, ich freue mich drauf. Ich wünsche Euch allen einen guten Start in das neue Jahr, mit vielen schönen Momenten und einem friedvollen Miteinander. Gerne auch mit mir auf der Yogamatte.
Bleibt alle gesund und neugierig auf das Leben!
